STAATLICHE REPRESSION UND WIDERSTAND VON UNTENJairo Ramirez, Nationales Menschenrechtskomitee, Kolumbien[versione in italiano] [versione in spagnolo] Gelegenheit zum Meinungsaustausch über dieses Thema hatten wir in der Arbeitsgruppe 5 der Konferenz zu Gefangenen, die in Berlin stattfand. Trotz der Unterschiedlichkeit der Meinungen im allgemeinen, verlief die Diskussion in geschwisterlicher und konstruktiver Atmosphäre. Ohne jetzt eine Zusammenfassung der Debatte liefern zu wollen, möchte ich einige Punkte darlegen, die ich als zentral in unserem Austausch ansehe. Was sind die Ursachen von Staatsterrorismus, Repression und schmutzigem Krieg in vielen Teilen der Welt? Man muß vom Kontext der herrschenden kapitalistischen Verhältnisse und der Antwort, die sie hervorrufen, nämlich der Kämpfe von unten, für soziale und politische Emanzipation, ausgehen. Insbesondere wurde in den letzten Jahren der Neoliberalismus nicht nur als Wirtschaftspolitik sondern als Ideologie durchgesetzt, die den Interessen des Großkapitals, das sich den Weg zur Hegemonie bahnte, völlig entspricht. Derzeit setzen alle Regierungen, ganz gleich ob sie sich liberal, konservativ oder sozialdemokratisch nennen, eine neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik durch, deren unmittelbare Folge ist, daß der sogenannte "Wohlfahrtsstaat" in immer stärkeren Maße in "das Gesetz des Dschungels" umgeformt wird, und das in einem teuflischen Prozeß der Kapitalkonzentration. In diesem Zusammenhang haben die Staaten beträchtliche Mittel und modernisierte Instrumente für die Ruhigstellung und Unterdrückung der unterschiedlichen Widerstandsbewegungen von unten, die sich gegen diese Art von Politik richten, bestimmt. Das Aufgebot reicht von der Deregulierung des Arbeitsmarkts und der Aufhebung der sozialen Funktion des Staates, bis hin zum Aufbau einer hochentwickelten Kriegsmaschinerie, der Anpassung der militärischen Nachrichtendienste und der Einsetzung exzessiver Strafgesetze aller Art, um auf brutale Art und Weise den sozialen Protest zu bestrafen. Die linken Bewegungen und die Volksorganisationen werden als n den USA straffrei bleiben. Und im vereinigten Deutschland gibt es mit Gleichgültigkeit von offizieller Seite begleitete Überfälle faschistischer Gruppen und gleichzeitig werden Gesetze verabschiedet, die Aktionen von Menschen, die dagegen kämpfen, kriminalisieren. Wenn es auch in jedem Land bestimmte Besonderheiten gibt, so ist es doch wahr, daß auf allen fünf Kontinenten ein gemeinsames Merkmal existiert: Die herrschenden Klassen greifen zum Instrument der Repression, um den sozialen Protest zum Schweigen zu bringen und um Prozesse des grundlegenden politischen Wandels zu stoppen. Die Welt beobachtet entsetzt die ständigen angeblichen "Fehler" der NATO bei den Bombardierungen in Jugoslawien, die hunderte von unschuldigen zivilen Opfern fordern, begangen mit der Ausrede, die Exzesse von Milosevic zu bestrafen. Wir werden also das neue Jahrtausend begehen mit der Propaganda der wissenschaftlich-technischen Revolution und der modernen Gesellschaft, die als Rauchschleier für die feudalen Praktiken des wild wütenden Kapitalismus dient, der zu institutioneller und para-staatlicher Gewalt greift, um sein Ziel der Kapitalakkumulation zu erreichen. Angesichts der verschiedenen repressiven Experimente geben die Völker aber nicht auf, sie entwickeln im Gegenteil die unterschiedlichsten Formen des zivilen und bewaffneten Widerstands, und das nicht nur gegen den Neoliberalismus sondern auch, um Keime der nationalen Befreiung zu sähen. Die Mauer ist gefallen, aber die kapitalistischen Verhältnisse mit Ausbeutung und Not haben sich nicht geändert. Die Sehnsucht nach einer neuen, gerechteren Gesellschaft ist weiterhin die große Utopie der wahren Demokraten und Revolutionäre auf der Welt. Es wird gefordert, die Zersplitterung der Volksbewegung zu überwinden, Einheit im Handeln und koordinierte Kampftage zu entwickeln, die Kommunikations- und Kooperationsmechanismen zu verbessern und die internationale Solidarität zu stärken. Die positive Schlußfolgerung, die sich aus dieser internationalen Konferenz für die Freiheit der politischen Gefangenen ergibt ist, daß es trotz der Unterschiedlichkeit der Teilnehmenden und der Blickwinkel möglich ist, sich zu treffen, um diesen vielfältigen Reichtum an Erfahrungen darzustellen und Anstrengungen zu unternehmen, damit wir Formen der Zusammenarbeit und Mechanismen zur Einheit im Handeln für unser Ziel, unsere politischen Gefangenen den Knästen zu entreißen, finden. Jairo Ramirez, Nationales Menschenrechtskomitee, Kolumbien |